Die Reform der Weltbank: Eine letzte Chance?

Weltbank als trojanisches Pferd der fossilen Unternehmen

Das kam unverhofft. Die Weltbank ist seit Beginn des Jahres 2023 auf Reformkurs. Die Reform bietet die Gelegenheit für Veränderungen, geht aber auch mit ebenso großen Risiken einher. Es fehlt der Ausstieg aus den fossilen Energien. Selbst jetzt, wo Präsident Malpass das Handtuch wirft, muss noch viel passieren.

Ohne den Ausstieg aus fossilen Energien wird diese Reform ein Fehlschlag

Es kommt Bewegung in eine von uns schon lang kritisierte Struktur. Das Weltbank-Management hat sich dem Druck von Anteilseignern gebeugt und zur Jahreswende einen Fahrplan für eine Reform – „Evolution Roadmap“ vorgestellt. Bis zum Oktober 2023 sollen Veränderungen Einzug halten.

Für die Zivilgesellschaft besteht die großartige Chance, in den nächsten Monaten Druck auf die Anteilseigner der Weltbank auszuüben. Dazu gehört auch, ihre Kritik in die Öffentlichkeit zu tragen. Denn die Weltbank – wie auch der Internationale Währungsfonds – hat ihren Anteil an den Problemen.

Durch ihre Reichweite hat diese Bank Einfluss auf Menschen weltweit, auf positive, aber leider noch zu häufig auch auf negative Weise. Insbesondere überall dort, wo Menschen durch Projekte zwangsumgesiedelt werden oder Gelder intransparent vergeben werden, zeigen sich die strukturellen Probleme, die seit Jahrzehnten bestehen.

Überdies pflegt die Weltbank enge Kontakte zu fossilen Industrien und hat den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis heute verschleppt. Näheres dazu: „World Bank Evolution Roadmap Fails to Curb Financial Flows to Fossil Fuels“, „Open Letter to Governors and Executive Directors of the World Bank Group”, “Suriname’s Oil Development Made Possible by IMF, IDB and World Bank”, “World Bank Helps Develop Asia’s Largest Coal Field”, “10 Milliarden Dollar – Weltbank setzt auf fossile Energien für Afrika”. So ignoriert der Reformkurs der Bank die intransparenten Wege, auf denen die Weltbank privates Kapital für fossile Brennstoffe mobilisiert. Es darf kein Cent mehr für Kohle, Öl und Gas ausgegeben und Geld nur noch in echte Klimalösungen gesteckt werden.

Die Roadmap schweigt, wenn es z.B. um die strikte Einhaltung der Pariser Vereinbarung (d.h. Einhaltung von 1,5 Grad Erwärmung) geht, um Fragen der Transparenz, der Berichterstattung oder auch um Geschlechtergerechtigkeit.

Es verwundert, dass die Weltbank ihre eigene Gender-Strategie in 2023 überarbeiten will, aber die Umsetzung von mehr Geschlechtergerechtigkeit keine Rolle in der Reform spielt.
Die Organisation Gender Action hat eine bemerkenswerte Studie in Ko-Herausgeberschaft von Friends of the Earth US und urgewald veröffentlicht. Es geht um die Frage, inwieweit internationale Finanzinstitutionen für mehr Geschlechter- und Klimagerechtigkeit sorgen. Die Analyse quer über alle Entwicklungsbanken kommt zu einem ernüchternden Ergebnis.

Nur 17 % der Umwelt- und Sozialstandards (ESF) erhielten eine hohe Punktzahl für den Indikator "Gender-Mandat/Schutz". Ebenso erhielten nur 17 % der ESF eine hohe Punktzahl für ihr Engagement zum Schutz von Frauen und sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten (SGMs) vor Schaden. Nur sehr wenige verfügen über einen detaillierten Plan zu Umsetzung. Diese Ergebnisse bestätigen die Kritik, dass die Finanzinstitutionen, also auch die Weltbank, nicht über angemessene Möglichkeiten verfügen, um ihre selbst erklärten Ziele zu erreichen.

Die kurze Version hier, die komplette Studie hier.

Erst Geschäftsmodell verbessern, bevor mehr Geld verlangt wird

Der Reformvorschlag der Bank widmet sich ausführlich der Geldbeschaffung. Ideen, wie man verfügbares Kapital effizienter und auch innovativer nutzen kann, liegen auf dem Tisch. Aber auch die Mobilisierung von mehr privatem Kapital oder noch mehr Gebermittel. Doch erstmal sollte nicht die Erhöhung des Kapitals bei der WB im Vordergrund stehen, sondern die inhaltliche Reform. Dabei sollte die Aufnahme des Schutzes der  Globalen Öffentlichen Güter (GPG) in das Geschäftsmodell der Weltbank jedoch unterstützt werden.

Ein „more of the same“, worauf die Vorschläge bislang hinauslaufen, wird die Krisen der Welt nicht lösen. Eine mögliche Reform der Weltbank hat Auswirkungen auf die anderen multilateralen Finanzinstitutionen. Deshalbist es so wichtig, den Reformprozess kritisch zu begleiten. Deswegen gibt es am 14. April um 12 Uhr in Washington, D.C., Proteste zum Weltbankaktionstag 2023.

Ein undemokratischer Nominierungsprozess

Wir begrüßten den Rücktritt von David Malpass als Präsident der Weltbank. Nur kurze Zeit später präsentierte die US-Regierung den Top-Manager Ajay Banga als seinen Nachfolger ab 1.7.23. Wir kritisieren die Art und Weise der Nominierung für den nächsten Präsidenten durch die USA. Zum wiederholten Male fehlt der demokratische Prozess bei der Suche nach eine*r Weltbank-Präsident*in. Wir vermissen die Festlegung von Kriterien und einen transparenten Wettbewerb zwischen verschiedenen Kandidat*innen. Wieder wird von oben herab ein Mann an die Spitze der Weltbank gestellt. All das untergräbt die Glaubwürdigkeit der Institution.

 

Deshalb müssen u.a. folgende Dinge in der Roadmap aufgegriffen werden:

 

  1. Aufarbeitung der eigenen Fehler bei der Umsetzung von Armutsbekämpfung und mehr Gerechtigkeit. Präsentation von Vorschlägen zur Reform der eigenen Weltbank-Führung, -Kultur und den fehlgeleiteten Anreizsystemen („pressure to lend“).
  2. Die Verankerung der Pariser Vereinbarung mit dem 1,5 Grad Ziel.
  3. Ankündigung des kompletten Ausstiegs aus Kohle, Öl und Gas, u.a. durch die
    Beendigung der Finanzierung fossiler Energien: Alle kohle-, öl- und gasbezogenen Aktivitäten sollten auf sogenannte Ausschlusslisten wie die „Exclusion List[i] oder eine Liste der ausgeschlossenen Ausgaben „Excluded Expenditures List[ii] gesetzt werden.
  4. Transparenz und Rechenschaftspflicht durch Audits: Erst dies ermöglicht den Anteilseignern und der Öffentlichkeit, die Ausrichtung der Weltbankgruppe am Pariser Klimaabkommen zu überprüfen.
  5. Datenerhebung und Berichterstattung über fossile Abhängigkeit: Die Weltbank sollte diese Daten, inclusive direkter wie auch indirekter Finanzierung, von den Mitgliedsländern erheben lassen und darüber berichten.
  6. Beteiligung der Zivilgesellschaft in den Mitgliedsstaaten am Reformprozess
  7. Verankerung des Ziels einer umfassenden geschlechtergerechten und feministischen Weltbankpolitik.

 

[i] Beispiel IFC: https://www.ifc.org/wps/wcm/connect/topics_ext_content/ifc_external_corporate_site/sustainability-at-ifc/company-resources/ifcexclusionlist

[ii] https://documents1.worldbank.org/curated/en/646131468059689575/pdf/Official-Documents-Financing-Agreement-for-Credit-5729-MZ-Closing-Package.pdf

Kontakt

    Bild Anprechpartner   Ute Koczy

    Ute Koczy
    Kampagnen zu Finanzinstitutionen, Schwerpunkt Weltbank
    ute.koczy [at] urgewald.org
    +49 (0)2583/30492-0

    Bild Anprechpartner   Dr. Dustin Schäfer

    Dr. Dustin Schäfer
    Teamleiter Kampagnen Multilaterale Finanzinstitutionen
    dustin [at] urgewald.org

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