Tag 4: Ankunft im Regenwald

Montag, den 9.März 20

Sorgsames Packen ist angesagt, denn wir sind die nächsten vier Tage im Hinterland von Guyana unterwegs. Das Land ist zu etwa 80 Prozent mit nahezu unberührtem Regenwald bedeckt und gilt daher gegenwärtig noch als Kohlenstoffsenke, kann mit intakten Strukturen bei bestimmten Arten aufwarten, bietet ein „El Dorado“ für Vogelliebhaber und gilt nicht umsonst als Geheimtipp. Uns interessiert, was es mit diesen natürlichen Schätzen des Landes auf sich hat, wie die Menschen in den Regenwäldern und der Savanne leben und wie sich der Klimawandel dort auswirkt.

Wir steigen zu viert in die kleine Propellermaschine nach Iwokrama, wo wir rund zwei Stunden später landen. Es ist richtig heiß da draußen am Flugplatz, zum Glück braucht es nur wenige Minuten im Auto und schon stehen wir auf einer Lichtung am Fluss Essequibo mit den verschiedenen Holzhäusern der Eco-Lodge. In der Mitte steht das zentrale, runde Gebäude. Von dort haben wir einen großartigen Blick auf den Fluss, der an dieser Stelle fast 200 Meter breit ist.


In einem kleinen Boot mit knatterndem Außenborder fahren wir hinaus zu den Flussschnellen Kurukukari. Beim Einstieg werden wir von Shankar beäugt, dem schwarzen Kaiman, der im Fluss treibend freundlich das menschliche Treiben begleitet und als eine Art Haustier gilt. Laurence, unser indigener Führer, wird uns mit scharfen Augen für die nächsten 24 Stunden Tier- und Pflanzenwelt zeigen und erklären. An den Flussschnellen gibt es über 6000 Jahre alte Felsschnitzereien zu sehen, Zeugen einer Zeit, die heute nicht mehr verstanden wird. Laurence erzählt, dass hier die auf Stelzen gebauten Häuser der Makushi-Indios stehen. Hier ist der Aufenthaltsort zum Baden und Waschen. Leider muss man auch hier immer wieder Plastik und Müll einsammeln.

Faszinierende Vogelwelt

Da fliegt der Weißbrust-Tukan über uns, es zeigen sich die großen Macaws in ihre prächtigen Farben, diese hier sind blau und gelb. Luke demonstriert, dass auch er ein großer Vogelkenner ist. Nicht nur, dass er sämtliche Namen parat hat und uns das Verhalten der Tiere erklären kann, er hat ein großes Fernglas aus Stativ dabei, das uns die Vögel sehr nahebringt. Schwarze Geier ziehen ihre Kreise, wir aber genießen vor allem die ungewohnte, faszinierende Atmosphäre inmitten des Regenwaldes.

Zurückgekehrt, werden wir gleich an den Waldrand gerufen, denn rote Brüllaffen hangeln sich um die Lodge herum. Tatsächlich erblicken wir auch einen der Affen, was sehr selten ist, weil diese sonst immer schnell ihrer Wege ziehen. Dafür hört man sie umso besser, denn sie können einen Höllenlärm mit ihrem Gebrüll veranstalten.


Jetzt ist ein Gang in das Dickicht angesagt: Wir betreten den Buschmeister-Pfad, benannt nach einer sehr giftigen Viper, die es hier aber nicht mehr geben soll. Wir hören einen Ruf wie „Muh“, „Muh“, einen Vogel, den die Einheimischen dann auch tatsächlich Kuhvogel (Cowbird) nennen. Es ist ein Kapuziner-Vogel (Capuchinbird), den wir auch zu sehen bekommen. Nur wenige Schritte weiter und wieder hören wir etwas, diesmal eine sechsteilige Tonfolge: der gefleckte, aber unscheinbare Ameisen Pitta (Spotted Antpitta), der sich lauthals bemerkbar macht und den wir durch das Fernglas bewundern können. Als wir auch noch den Schreienden Piha (Screaming Piha), eine Art Eichelhäher des Waldes, der seinen Warnruf hören lässt, entdecken, bin ich sehr beeindruckt vom heutigen Tag. Tom ist immer dabei, Fotos zu schießen, so dass wir langsam und leise den Pfad entlangwandern.