AIIB: Fünf Jahre nach Gründung immer noch keine Transparenz und Klimaschutz

Pressemitteilung
Peking 30.07.2020

Fünf Jahre nach ihrer Gründung hat die von China ins Leben gerufene Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) von Dienstag bis Mittwoch ihre digitale Jahrestagung abgehalten. Zivilgesellschaftliche Organisationen aus mehreren Ländern, darunter urgewald, ziehen ein ernüchterndes Fazit. Sie kritisieren vor allem die fehlende Einbeziehung der Zivilgesellschaft bei der Jahrestagung, Chinas dominante Stellung innerhalb der AIIB sowie schwache oder fehlende Umwelt- und Sozialstandards. Deutschland ist größter nichtregionaler Teilhaber der multilateralen Bank und steht damit in besonderer Verantwortung.

In seiner Eröffnungsrede zur Jahrestagung sagte AIIB-Präsident Jin Liqun, die Bank sei ein „von Chinas Präsident erschaffenes Produkt“, das „eine neue Art von multilateraler Bank“ sein soll.

Dr. Nora Sausmikat, China-Expertin bei urgewald, kommentiert:
„Die AIIB-Tagung war eine Propaganda-Show für die Bank und Xi Jinping. Während Xi selbst in seiner Rede die Werte Multilateralismus, Solidarität und Umweltschutz als Eckpfeiler der Bank darstellte, sieht die Realität der AIIB-Geschäfte vollkommen anders aus. AIIB-geförderte Projekte führen zu Umweltzerstörung und Zwangsumsiedlung.“

Sausmikat ergänzt: „Es ist bezeichnend, dass die Bank die geplanten Diskussionsforen mit NGOs vom Tagungsprogramm gestrichen hat. Vordergründig tat sie dies als Reaktion auf die Corona-Pandemie, dabei wäre es ein Leichtes gewesen, die kritischen Stimmen auch digital zu Wort kommen zu lassen.“

Damit wurde auch eine Diskussion über die Geschäftsstrategie der Bank, die die nächste Dekade über gelten wird, unmöglich gemacht. Sie dürfte damit im September – ohne vorherige NGO-Beteiligung – verabschiedet werden.

urgewald fordert seit Jahren einen ernstzunehmenden Beschwerdemechanismus für Projektbetroffene sowie strenge Transparenzregeln – beides fehlt bis heute.[1] Mehr noch: „Während sich die Bank für angeblich höchste Umwelt- und Sozialstandards lobt, will sie noch nicht einmal die Umsetzung ihrer unzureichenden Standards überprüfen“, kritisiert Sausmikat. So schlägt die Bank vor, in Zukunft digitale Überwachungsinstrumente statt Vor-Ort-Besuche zur Überprüfung ihrer Standards einzusetzen.

Europäische Anteilseigner stünden in einer besonderen Verantwortung als wichtige Teilhaber der Bank, so Sausmikat. Alle beteiligten europäischen Staaten zusammen halten 23 Prozent der Stimmanteile der AIIB, alleine Deutschland hält mehr als 4 Prozent.[2]

Sausmikat fordert: „Bisher werden die Infrastrukturinvestitionen der Bank durchgewunken, ohne dass betroffene Menschen sich vorab über die Folgen informieren, geschweige denn dagegen Beschwerde einlegen können. Europäische Anteilseigner wie Deutschland müssen sich dafür einsetzen, dass die Stimmen der Zivilgesellschaft beachtet werden. Sie müssen klare Kante zeigen gegen die Missachtung von Menschenrechten und Umweltstandards.“

Seit fünf Jahren fordern NGOs die AIIB zur Einrichtung einer Klimastrategie auf, bisher ohne Reaktion. Die urgewald-Partnerorganisation Recourse belegt mit einer Recherche, dass mehr als die Hälfte der AIIB-Energieprojekte klimaschädliche fossile Energieträger unterstützt.[3]

Eine interessante neue Entwicklung ist die Partnerschaft der AIIB mit Amundi, einem der größten Vermögensverwalter der Welt, beim Thema „Grüne Finanzgeschäfte“. „Diesen Schritt begrüßen wir. Da Amundi sich zuletzt als Kritikerin eines verschleppten Kohleausstiegs bei RWE zu Wort gemeldet hat, hoffen wir auf eine fundierte Beratung der AIIB durch Amundi für klimaschonende Finanzierungen. Hierbei darf allerdings die Förderung von Atomkraft keine Rolle spielen“, sagt Sausmikat.

Als Reaktion auf die Corona-Pandemie hat die Bank nach eigenen Angaben mehr als zehn Milliarden US-Dollar in den Gesundheitssektor investiert. Dieses Geld verschwand jedoch ohne große Überprüfung in großen Fonds oder bei Partnern der AIIB in der privaten Finanzwirtschaft – so genannte Finanzintermediäre. Unabhängig von der Corona-Pandemie hat die Bank mittlerweile in sieben verschiedene Private Equity Fonds investiert.

Sausmikat kritisiert: „Eine Prüfung der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards ist in solchen Fällen kaum möglich.“

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[1] Vgl. https://urgewald.org/downloads/aiib-esf-review-ngo-comments

[2] Vgl. https://www.aiib.org/en/about-aiib/governance/members-of-bank/index.html

[3] Vgl. https://www.re-course.org/wp-content/uploads/2020/07/AIIB%E2%80%99s-Climate-Scorecard-0720.pdf

Kontakt

    Bild Anprechpartner   Dr. Nora Sausmikat

    Dr. Nora Sausmikat
    China Desk / Kampagnen zu multilateralen Finanzinstitutionen
    nora.sausmikat [at] urgewald.org
    +49 030 86329 22 32

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