Die Jahrestagung der Weltbank (9. bis 15. Oktober 2023) war von zahlreichen Protesten und Veranstaltungen der Zivilgesellschaft begleitet. Auf dem Konferenzgelände selbst waren keine Proteste erlaubt. Selbst der davor ausgewiesene Demonstrationsplatz wurde argwöhnisch von vielen Sicherheitsleuten beobachtet.
Schwierig war, dass Marrakesch im Vorfeld von einem sehr schweren Erdbeben heimgesucht worden war. Dennoch wollte die marokkanische Regierung die Konferenz nach den langen Vorbereitungen nicht platzen lassen.
Fehlende Selbstkritik: Wirtschaftswachstum und eine größere Bank stehen über allem
Die Ergebnisse der Tagung sind ernüchternd. Zwar arbeiten viele unserer Unterstützer*innen innerhalb und außerhalb der Bank hart daran, die Bank rechenschaftspflichtig zu machen und für mehr Transparenz zu sorgen. Doch nach Marrakesch ist zu befürchten, dass die Reform der Weltbank die von urgewald und Partnern kritisierten Probleme noch verschärfen wird.
Der neue Präsident Ajay Banga hat inzwischen das Ruder übernommen. Er versteht es, die Menschen von seiner Vision einer größeren und besseren Bank zu überzeugen. Aber leider stand fast nur „die größere Bank“ im Vordergrund. Von einer „besseren Bank“ sind wir mit Blick auf Menschenrechte und der Umwelt noch weit entfernt. Wir von urgewald sehen nicht, dass die Weltbank im Einklang mit dem Pariser Abkommen auf fossile Brennstoffe verzichtet. Wir kritisieren scharf, dass weiterhin fossile Energieformen über indirekte Finanzierungsinstrumente gefördert werden.
Die Überzeugungskraft von Banga ist groß. Deshalb muss die Zivilgesellschaft noch präziser argumentieren und belastbare Beweise für Verfehlungen der Bank vorlegen. Ansonsten ist zu befürchten, dass Banga die Weltbank in eine Institution verwandelt, die Privatisierung und Finanzialisierung massiv vorantreibt. Die Risiken tragen dabei vor allem die Menschen in den Projektländern. Ihnen ist nicht geholfen, wenn die Bank die Umwelt- und Sozialstandards (E&S) auch noch straffen, das Kreditvolumen vergrößern, die Auszahlung beschleunigen und Kreditgenehmigungen an das Management delegieren will. Darüber hinaus stehen die Überprüfungsprozesse der Umwelt- und Sozialstandards sowohl der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung/Internationaler Entwicklungsorganisation als auch von Internationaler Finanz-Corporation/Multilateraler Investitions-Garantie-Agentur für nächstes Jahr auf der Tagesordnung.
Die Energiepolitik der Weltbank enttäuscht am meisten. Die Aussagen von Banga, die Bank finanziere keine Kohle mehr und sei insgesamt nur noch zu einem Bruchteil an Öl und Gas beteiligt, sind ein Hohn für all jene, die eine Fallstudie und Portfolioanalyse nach der anderen veröffentlichen, um das Gegenteil zu beweisen. urgewald wartet noch immer auf eine Stellungnahme der Bank zu unserer Studie zur Handelsfinanzierung. Wir werden hier den Druck verstärken, denn diese Finanzierungsinstrumente kritisierten wir auf dem Weltbank-Aktionstag. Die Weltbank muss aufhören, ihr schmutziges Geld in der Klima-, Handels- und Budgetpolitik zu waschen.
Wir sind in unserem Ansatz, eine politische Lösung für eine bessere Bank zu fordern, bestätigt worden. Die Herangehensweise der Weltbank zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens bleibt ein schlechter Scherz. Banga kündigte allerdings an, dass die Weltbank auf der diesjährigen COP 28 offenlegen wird, wie sie künftig ihre Fortschritte in der Klimapolitik messen will. Es bleibt zu hoffen, dass er im Rahmen einer seiner fünf Säulen zur Reform der Bank, nämlich der Digitalisierung, auch endlich die Transparenz der Finanzierungsinstrumente erhöht und in Zukunft auch die Qualität der bereits zur Verfügung gestellten Daten verbessert.