„Recht naiv, das mit den Chinesen machen zu wollen“

Parlamentarier diskutieren über das Für und Wider des deutschen Einstiegs bei der Bank AIIB.
Thomas Gambke (Grüne)
Thomas Gambke (Grüne)

Die Bundestagsabgeordneten diskutierten auf einer von urgewald organisierten Tagung im März 2017. An der Debatte nahmen teil: Philipp Murmann (CDU), Manfred Zöllmer (SPD), Thomas Gambke (Grüne) und Axel Troost (Linke)

War es richtig, dass Deutschland bei der Bank eingestiegen ist?

Ein klares ja hallte zunächst aus der Politiker-Runde: So könne der Bundestag zumindest den Versuch unternehmen, „sozusagen eine Bank etwas anders auszurichten als die klassischen Banken, die wir heute in dem Bereich haben“, sagte Thomas Gambke (Grüne). „Wir können nur etwas erreichen, wenn wir dabei sind, wenn wir uns einmischen“, ergänzte Manfred Zöllmer (SPD). „Ich habe die Hoffnung, dass man jetzt eine moderne Bank schafft“, so Philipp Murmann (CDU). Die Parlamentarier äußerten auch die Hoffnung, dass man die AIIB als Gegengewicht zu den autoritärer werdenden USA unter Donald Trump und die US-dominierte Weltbank aufbauen könne. Also die AIIB als möglicher Vorreiter denn als Nachzügler beim Thema Umwelt- und Sozialstandards? Die NGO-Vertreter waren skeptisch.

Wir können nur etwas erreichen, wenn wir dabei sind, wenn wir uns einmischen.

Manfred Zöllmer (SPD)

Skepsis kam auch von Arntraud Hartmann, Mitglied des unabhängigen Bescherdemechanismus der Asiatischen Entwicklungsbank: „Wir sehen jetzt schon ein Aufweichen der Standards bei der Weltbank. Ganz Rapide. Die Asian Development Bank hat bislang noch sehr solide Standards. Ich würde mich sehr wundern, wenn die nicht auch aufgeweicht werden. Und das ist auch eine Folge dessen, dass wir Institutionen haben, die in Konkurrenz stehen.“ Sie richtete auch eine klare Forderung an die Politiker in Sachen Beschwerdemechanismus: „Ich rate dringend, dass die deutsche Seite auf die Einführung eines Compliance Mechanism besteht.“

Parlamentarier diskutieren auf Tagung in Berlin
Parlamentarier diskutieren auf Tagung in Berlin

Fraglich ist, wie Deutschland gegen China als menschenrechtlich hochproblematische Macht in der Bank antreten kann. Gambke von den Grünen sagte dazu: „Jetzt kann man sagen, dass ist recht naiv, das mit den Chinesen machen zu wollen. Dieses Argument ist sehr ernst und auch richtig. Aber dennoch sollten wir gucken, ob man nicht mit neuen Strukturen in einer solchen Bank das macht, was wir glaube ich machen müssen in diesen Ländern. Denken sie an das Thema Energie, da wollen wir keine Atom- oder Kernkraftwerke, sondern wir wollen Small and Medium-Sized Enterprises fördern, die erneuerbare Energien machen.“

Wie gut ist das Parlament informiert?

„Dass man möglicherweise Informationen erst nach der Bewilligung kriegt, ist sicherlich zu kritisieren“, sagte Axel Troost (Linke). Genau das kritisierten auch die NGOs mit Blick auf die bisherigen, vorläufigen Transparenzregeln (siehe oben). Das mache die Einbeziehung Betroffener sowie die Kontrolle von Projekten unmöglich.

Erst durch Informationen von urgewald waren die Parlamentsfraktionen auf die Gefahren bei der AIIB in Sachen Umweltschutz und Menschenrechte aufmerksam geworden. Hier gab es einhellige Anerkennung für die Rolle von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen: „Durch NGOs wie urgewald erhalten wir bei Themen wie AIIB Informationen, an die wir sonst nicht kämen“, so Zöllmer (SPD).

Die Gefahr eines Race to the bottom kann ich nicht abstreiten.

Dr. Thomas Gambke (Grüne)
Nachfrage aus dem Publikum
Nachfrage aus dem Publikum

Axel Troost von den Linken machte klar, dass man als Parlamentarier in solchen komplexen Themen nicht alle Details kenne. Daher sei es wichtig, dass es urgewald und andere Organisationen gebe, die informierten, „uns sagen, was läuft, was gibt es an Informationen, was gibt es an Problemen“. Die Folge beim Thema AIIB waren klare Anforderungen, die der Bundestag Ende 2015 für die Transparenz sowie die Standards bei der Bank formulierte. „Wir wollen als Parlament diesen Prozess begleiten und möglicherweise auch gegensteuern. Das hat in diesem Beispiel funktioniert“, so Troost.

„Increasing standards“ oder „Race to the bottom“?

„Die Gefahr eines Race to the bottom kann ich nicht abstreiten“, stellte Thomas Gambke von den Grünen fest. Und auch Axel Troost von den Linken mahnte eine starke Aufsicht durch die Teilhaber an, damit der Effizienzgedanke der AIIB nicht zu einem insgesamten Absinken von Umwelt- und Sozialstandards bei multilateralen Banken führt. Und damit diese keine weiteren Entwicklungs-Skandale sondern wirksame und hilfreiche Projekte finanzieren.

„Lean, clean, green“ lautet die Selbstbeschreibung der AIIB. Die Kampaignerin Kate Geary forderte gegen Ende der Tagung in Berlin: Bitte nicht auch noch „mean“.