Im Vorfeld des Rückversicherungskongresses in Baden-Baden (22.-26.10.23) kritisieren urgewald und das internationale NGO-Netzwerk Insure Our Future die teilnehmenden Rückversicherer wegen ihrer anhaltenden klimaschädlichen Geschäfte. Sie schließen fossile Industrien nach wie vor nicht oder nur unzureichend von ihren Versicherungen und Investitionen aus.
Diese Geschäfte sind paradox, da stark steigende Kosten durch Naturkatastrophen als Folge der Klimakrise zunehmend zum Problem auch für die Rückversicherer werden. Allein im Jahr 2022 haben klimabedingte Schäden Kosten in Höhe von 120 Milliarden US-Dollar verursacht.[1] Die Modelle der Rückversicherer für die Risikoabschätzung solcher Schäden haben in den letzten Jahren wiederholt versagt.
Erste Rückversicherer haben Konsequenzen gezogen: Der französische Rückversicherer SCOR hat seine Kapazitäten für die Absicherung von Naturkatastrophen reduziert, die US-amerikanische AIG hat ihr Rückversicherungsgeschäft mit Naturkatastrophen mit dem Verkauf von Validus Re abgestoßen.[2] Schwergewichte wie Munich Re, Swiss Re und Hannover Re hingegen sehen in den dadurch steigenden Prämien eine Chance auf kurzfristige Profite: Sie haben eine Ausweitung ihres Naturkatastrophengeschäftes zu höheren Preisen angekündigt, zudem eine geringere Übernahme der von Erstversicherern abgedeckten Risiken – was auch soziale Folgen haben wird.[3] Den Preis für die stark gestiegenen Prämien und verschärften Konditionen zahlen am Ende alle Verbraucher*innen, die sich vor klimabedingten Naturkatastrophen schützen wollen.[4]
Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise fordern die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald sowie das Netzwerk Insure Our Future von den am Kongress teilnehmenden Rückversicherern: Sie müssen die Versicherung sämtlicher neuer Projekte im Kohle-, Öl- und Gassektor sofort beenden. Darüber hinaus müssen alle Rückversicherer so schnell wie möglich einen Ausstiegsplan für alle verbleibenden fossilen Projekte und Unternehmen in ihren Versicherungs- und Investitionsportfolios vorlegen, der mit der 1,5°C-Grenze des Pariser Klimaabkommens kompatibel ist.
Regine Richter, Finanz-Campaignerin bei urgewald, sagt: „Die Branche ruiniert das Leben vieler Menschen und ihr eigenes Geschäftsmodell, wenn sie weiterhin fossile Unternehmen absichert. Während einige Rückversicherer auf kurzfristige Profite spekulieren, macht die Klimakrise immer größere Teile des Planeten unversicherbar, weil die Risiken zu groß werden. Die Rückversicherer müssen jetzt Verantwortung übernehmen und klimaschädliche Geschäfte beenden.“
Lindsay Keenan, Europäischer Koordinator von Insure Our Future sagt: „Die Vorstandsvorsitzenden der Rückversicherer, darunter Peter Zaffino von AIG und John Neal von Lloyd's of London, sollten sich schämen. Sie versichern und investieren weiterhin nahezu uneingeschränkt in fossile Unternehmen und machen sich damit zu Komplizen dieser Klimatäter. Die anhaltende Rückversicherung fossiler Energieträger ist ein Rezept für den Weltuntergang. CEOs wie Joachim Wenning von Munich Re und Christian Mumenthaler von Swiss Re haben immerhin Beschränkungen für die Rückversicherung einiger fossiler Projekte eingeführt. Aber wir erinnern sie daran, dass echte Klimavorreiter auch keine neue Gasinfrastruktur oder US-Kohleminen versichern dürfen.“
Kontakte:
Regine Richter, Finanz-Campaignerin bei urgewald
0170-2930725; regine@urgewald.org
Lindsay Keenan, Europäischer Koordinator von Insure Our Future
+46 735 091 033; lindsay@sunriseproject.org
Moritz Schröder-Therre, Pressesprecher bei urgewald
0152 215 799 77; moritz@urgewald.org
Anmerkungen:
[1] Sich durch die Klimakrise verschärfende Naturkatastrophen haben im Jahr 2022 Schäden in Höhe von rund 270 Milliarden Dollar verursacht, von denen etwa 120 Milliarden Dollar versichert waren. Betroffen sind Millionen Menschen vor allen in armen und marginalisierten Gemeinschaften, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben. Vgl. https://www.munichre.com/de/unternehmen/media-relations/medieninformationen-und-unternehmensnachrichten/medieninformationen/2023/naturkatastrophen-bilanz-2022.html
[2] Vgl. https://www.theinsurer.com/news/fitch-strong-reinsurance-underwriting-results-to-continue-into-2024/ (€) & https://aig.gcs-web.com/node/54701/pdf
[3] Vgl. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/rueckversicherer-praemien-steigen-100.html
[4] Hausbesitzer*innen sind teils mit deutlich steigenden Versicherungsprämien konfrontiert bzw. erhalten gar keine Versicherung mehr. Vgl. https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/versicherer/hohe-versicherungspraemien-hausbesitzer-in-den-usa-bangen-vor-der-hurrikan-saison/29325644.html