Italiens fossiler Energieriese Eni hat gegen Antonio Tricarico, Finanz-Campaigner bei urgewalds Partnerorganisation ReCommon, Anzeige erstattet. Es geht um Aussagen von Tricarico, die er am 5. Mai in der TV-Sendung „Report“ machte. Gegen ihn wird nun von der Staatsanwaltschaft Rom wegen angeblicher Verleumdung des Unternehmens ermittelt.
Stellungnahme von ReCommon: https://www.recommon.org/en/eni-denounces-antonio-tricarico-of-recommon-for-his-interview-with-rai-report/
In der Sendung ging es um eine Förderlizenz, die Eni von den ägyptischen Behörden für das riesige Gasfeld Zohr vor der ägyptischen Küste erhalten hat. Tricarico hob im Gespräch mit dem Journalisten Daniele Autieri die zeitliche Überschneidung zwischen der Gewährung der Förderlizenz und der Entführung, Folterung und Ermordung des WissenschaftlersGiulio Regeni im Januar 2016 durch Sicherheitskräfte in Kairo[1] hervor. Tricarico machte eine faktenbasierte Behauptung. Eine weitere Sendung von „Report“, die am 17. November ausgestrahlt wurde, wiederholte dies und verwies auf vertrauliche Eni-Dokumente, die ebenfalls den zeitlichen Ablauf der beiden Ereignisse behandelten.
Der Vorwurf gegen Antonio Tricarico scheint der jüngste in einer Reihe von Angriffen zu sein gegen kritische Stimmen, die sich nicht scheuen, unbequeme Wahrheiten auszusprechen, wie im Fall Regeni.
„Enis Versuch, einen der führenden Klimaaktivisten Italiens zum Schweigen zu bringen, zeigt, dass Big Oil nicht nur eine Bedrohung für unser Klima ist, sondern auch eine Bedrohung für die Demokratie und die Meinungsfreiheit. Wir stehen an der Seite von ReCommon“, sagt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald.
Die NGO selbst kommentiert: „ReCommon ist solidarisch mit Antonio Tricarico und hat die feste Absicht, seine Kommunikations- und Informationskampagnen zu Italiens führendem Ölmulti fortzusetzen. In dem Zuge werden wir weiter auch dessen Verantwortung für die Klimakrise aufdecken. Anstatt zu versuchen, die Meinungsfreiheit der italienischen Zivilgesellschaft einzuschränken, sollte die Führung von Eni die Anzeige gegen Tricarico zurückzuziehen. Stattdessen sollte sie die Aktivitäten des leitenden Rechtsberaters von Eni sorgfältig prüfen, der ebenfalls die Strafanzeige gegen Tricarico unterzeichnet hat. Dessen Handlungen werden von der Mailänder Staatsanwaltschaft im Rahmen der Ermittlungen zu Vorwürfen der Spionage sowie des illegalen Zugriffs auf öffentliche Datenbanken untersucht.“
Im vergangenen Oktober verklagte Eni die NGOs ReCommon und Greenpeace Italia vor dem Zivilgericht in Rom mit dem Vorwurf, diese würden „eine Hasskampagne“ gegen das Unternehmen führen. Die beiden Organisationen wehrten den juristischen Angriff ab und sehen darin einen Versuch, von der im Mai 2023 von ihnen eingereichten Klimaklage gegen Eni abzulenken.[2] Diese liegt nun bei den Zivilsenaten des Kassationsgerichtshofes in Rom.
Im Dezember 2021 wies Eni bereits die Verantwortlichen der Sendung „Report“ an, Antonio Tricarico nicht zur Nigeria-OPL245-Affäre zu interviewen, bei der es um Bestechungsvorwürfe gegen Eni und Shell im Zusammenhang mit Förderlizenzen in Nigeria ging und die mit Freisprüchen endete.[3] Eni vermittelte, Tricarico und ReCommon seien keine „würdigen Gesprächspartner“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders RAI.
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