EnBW reizt Russlandgeschäft bis zum Schluss aus, ab jetzt Rückfall zu kolumbianischer Blutkohle
Anlässlich der heutigen Präsentation der Halbjahreszahlen von EnBW kommentieren die ukrainische Umweltorganisation Ecoaction und die deutsche Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald:
Trotz des brutalen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine hat die EnBW im ersten Halbjahr 2022 weiterhin gute Geschäfte mit Russland gemacht. So hat der Konzern im ersten Halbjahr 1,54 Millionen Tonnen (Mt) Steinkohle aus Russland importiert im Vergleich zu 1,57 Mt im Vorjahreszeitraum. „Statt die Importe zu stoppen oder zumindest auf ein Minimum zu begrenzen, um dem verbrecherischen Regime in Moskau möglichst kein Geld mehr zu überweisen, hat die EnBW insbesondere das zweite Quartal genutzt, um noch möglichst viel Kohle vor Inkrafttreten des EU-weiten Embargos zu bunkern“, sagt Sebastian Rötters, Energie-Campaigner bei urgewald. Auch beim Gas ging die Importmenge aus Russland nur deshalb zurück, weil Gazprom die Verträge nicht eingehalten hat.
„Die EnBW sieht offensichtlich kein Problem darin, die Geschäfte mit einem Konzern in Diensten des Kremls aufrecht zu erhalten. Wie viele Menschen müssen in der Ukraine noch sterben, bevor dies endlich aufhört?“, fragt Kostiantyn Krynytskyi von der ukrainischen Umweltorganisation Ecoaction. „Gleichzeitig verwundert es sehr, dass sich die EnBW weiterhin der Willkür Gazproms ausliefern will“, so Krynytskyi weiter.
Die Problemlösungsstrategie der EnBW scheint des weiteren darin zu bestehen, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu wollen. So sollen die wegfallenden Mengen russischer Kohle im zweiten Halbjahr vor allem durch Lieferungen aus Kolumbien, den USA und Südafrika ersetzt werden. „Es ist seit mehr als zehn Jahren bekannt, dass die kolumbianischen Kohleproduzenten Umwelt und Menschenrechte mit Füßen treten. Davon können Indigene, Kleinbauern und Betroffene paramilitärischer Gewalt viele Lieder singen. Aber warum sollte sich ein Konzern, der trotz des barbarischen Kriegs noch monatelang Kohle aus Russland importiert hat, daran auch stören?“, kommentiert Sebastian Rötters. Auch in Südafrika sorgt der Kohleabbau für große Umweltprobleme.
Kritisch muss auch die Gas-Strategie des Konzerns bewertet werden, denn Fragen bleiben offen: Wie will die EnBW beispielsweise die selbst gesteckten Klimaziele erreichen, wenn der Konzern nun einen LNG-Liefervertrag über 20 Jahre ab 2026 mit Venture Global LNG abschließt. „Ein solcher Vertrag hilft kurzfristig überhaupt nicht weiter, führt aber zu langfristigen Lock-in-Effekten, die die notwendige Klimaneutralität spätestens 2035 unmöglich machen. Da Deutschland aktuell höhere Emissionen in Kauf nimmt, um die russischen Gas-Lieferungen zu ersetzen, ist eigentlich sogar ein umso steilerer Ausstiegspfad notwendig. Die Klimakrise wartet schließlich nicht“, so Rötters.
Kontakt
Sebastian Rötters, Energie-Campaigner, urgewald
Kostiantyn Krynytskyi, Head of Energy Department, Ecoaction
Dr. Ognyan Seizov, Leiter Internationale Kommunikation, urgewald
+49 (0)30 863 2922-61, ognyan.seizov@urgewald.org