Zwei Tage vor der Hauptversammlung von Munich Re, einem der weltweit größten Rückversicherer, steht der Konzern unter Druck wegen seiner klimaschädlichen Geschäftspolitik zugunsten von Kohle, Öl und Gas.
Ende März wurde bekannt, dass Munich Re im Jahr 2020 einer der wichtigsten Rückversicherer von PZU in Polen war[1]. PZU ist ein Versicherungsunternehmen, das eine tragende Rolle für Polens Kohleindustrie spielt.[2] Damit bewahrheitet sich eine Befürchtung von urgewald und der polnischen Partnerorganisation „Development Yes – Open-Pit Mines No!“: Munich Re schließt zwar seit 2018 die (Rück)Versicherung von Kohlekraftwerken und -minen aus, jedoch nur auf der Projektebene.[3] Für so genannte Vertragsrückversicherungen, bei der Erstversicherer oder ganze Gruppen von Risiken rückversichert werden, gilt dieser Ausschluss nicht: Ein großes Schlupfloch zugunsten von Kohleunternehmen wie PZU.
Kuba Gogolewski, Vorstandsmitglied bei „Development Yes – Open-Pit Mines No!“, sagt: „Indem Munich Re PZU rückversichert, gibt sie einem Brandstifter einen Benzinkanister an die Hand. Dies ist unvereinbar mit allen Klimaversprechen von Munich Re.“
Die große Konkurrentin Swiss Re ist hier schon weiter. Sie hat im März 2021 ihre Kohle-Richtlinie von 2018 geschärft, sodass diese ab 2023 Kohle auch bei Vertragsrückversicherungen peu à peu ausschließen wird.[4] Regine Richter, Finanz-Campaignerin bei urgewald, fordert: „Swiss Re zeigt, dass ein umfassender Ausschluss von Kohle-Rückversicherung möglich ist. Munich Re muss Swiss Re folgen.“
Im Vorfeld der Hauptversammlung hat die Organisation SumOfUs eine digitale Protestkampagne gestartet, die Munich Re auffordert diese Lücke in der eigenen Richtlinie zu schließen – die Petition hat, Stand Montagfrüh, bereits knapp 50.000 Unterschriften erhalten.[5]
Auch im Öl- und Gasbereich fehlt es Munich Re nach wie vor an Problembewusstsein. „Wir sind einer der führenden Öl- und Gasversicherer mit weltweiter Marktkenntnis“, heißt es auf der Website des Unternehmens. Dort wirbt
Munich Re explizit um Kunden, die „eine große Menge an Kohlenwasserstoffen“ handhaben – eine Eigenschaft, die große Klimasünder auszeichnet.[6] Im Dezember 2020 hat Munich Re angekündigt, die Kohlendioxidemissionen ihres Öl- und Gas-Versicherungsgeschäfts bis 2025 um lediglich fünf Prozent zu reduzieren.[7]
Richter kommentiert: „Munich Re umgarnt Öl- und Gasmultis und reduziert CO2-Emissionen nur in homöopathischen Dosen. Beides wirft kein gutes Licht auf die Klimaambitionen des Rückversicherers. Der Konzern muss endlich bereit sein, sich von alten Geschäftsfeldern zu lösen und seine Klimaschutzmaßnahmen scharf zu stellen. Wer schon so lange vor der Klimakrise warnt, muss sie auch im eigenen Geschäft ernsthaft angehen.“
Kontakte
Regine Richter | Finanz-Campaignerin, urgewald
+49 170 293 072 5, regine@urgewald.org
Kuba Gogolewski | Vorstandsmitglied, „Development Yes – Open-Pit Mines No!“
+48 661 862 611, k.gogolewski@fundacja.rt-on.pl
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[1] Vgl. PZU Management Board Report 2020, S. 184 links unten: https://www.pzu.pl/en/investor-relations/reports?queries%5BreportTypes%5D=annual&queries%5Byear%5D=2020
[2] PZU versichert über 85 Prozent des Kohlebergbaus und eine große Mehrheit der Stein- und Braunkohlekraftwerke in Polen. Weitere Details: https://rozwojtak-odkrywkinie.pl/en/news/item/570-poland-s-biggest-insurer-fails-to-act-on-fossil-fuels
[3] Vgl. https://www.munichre.com/de/unternehmen/corporate-responsibility/news/2018/2018-11-29-news.html
[4] Vgl. https://www.swissre.com/dam/jcr:24fd962a-c319-490d-89fc-7ef8bd5dd365/nr-20210316-swiss-re-announces-ambitious-climate-targets-de.pdf
[5] Vgl. https://actions.sumofus.org/a/munich-re-stop-insuring-disaster-1
[6] Vgl. https://www.munichre.com/en/solutions/for-industry-clients/optimum-insurance-cover-for-oil-and-gas-companies.html
[7] Vgl. https://www.munichre.com/de/unternehmen/corporate-responsibility/news/2020/2020-12-09-news.html