Wie vor einer Woche (1. September) über Bloomberg [1] bekannt wurde, hat JSC SUEK aus Russland, eines der weltweit größten Kohleunternehmen, neun Banken mit der Platzierung einer US-Dollar-Anleihe beauftragt. Fünf dieser „Joint Lead Manager“ und „Joint Bookrunner“ kommen aus Russland (Alfa Bank, Gazprombank, Renaissance Capital, SberCIB und VTB Capital), einer aus China (Bank of China). Daneben sind laut Bloomberg auch die US-Institute Bank of America Securities sowie Citi mandatiert und selbst die Commerzbank ist mit von der Partie. Seit Ende letzter Woche finden bereits Investorengespräche statt.
Katrin Ganswindt, Finanz-Campaignerin von urgewald kommentiert: „Russland will vor dem Ende der Kohle-Ära noch so viel von dem Rohstoff wie möglich verkaufen. SUEK spielt hierbei eine, wenn nicht DIE zentrale Rolle. Das aktuelle Beispiel zeigt: hierbei kann Russland auch immer wieder auf die Hilfe internationaler Finanzinstitute, wie aus den USA und Deutschland, setzen.“
Sie fügt hinzu: „In nur zwei Monaten beginnt die Weltklimakonferenz in Glasgow, deren Ergebnisse nicht zuletzt angesichts des aktuellen IPCC-Berichts wichtiger sind als je zuvor. Die Konferenz steht zudem ganz im Zeichen der Rolle von Finanzinstituten zur Bekämpfung des Klimawandels. Die Beteiligung russischer und chinesischer Banken an der SUEK-Anleihe ist angesichts der Kohleausbaupläne in diesen Ländern nicht verwunderlich. Dass aber westliche Banken Kohle in diesen Zeiten noch finanzieren bzw. mit Underwriting-Dienstleistungen unterstützen, ist vorsintflutlich. Bank of America, Citi und die Commerzbank gehören so weiter in die Kategorie: Klimakiller-Banken. Wir appellieren an Investoren, die neue SUEK-Anleihe nicht zu zeichnen.“
Das vertikal integrierte Energieunternehmen JSC SUEK unterhielt 2020 [2] Kohlekraftwerkskapazitäten von 17 Gigawatt. Damit bestehen rund 98% des SUEK-Kraftwerksparks aus Kohleverbrennern. Darüber hinaus baut oder plant der Konzern an fünf Standorten neue Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von über 1,6 Gigawatt. JSC SUEK fördert zudem über 100 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr und plant eine Vergrößerung der Produktionskapazitäten durch den Ausbau bestehender und die Erschließung neuer Minen. Insgesamt wird SUEK, laut Recherche von urgewald, seine Kohleproduktion um 25 Millionen Tonnen steigern. Auch die Kapazität der SUEK-Kohleexporthäfen soll erweitert werden um rund 28 Millionen Tonnen pro Jahr.
Mit Blick auf die Commerzbank kommentiert Katrin Ganswindt: „Die Beteiligung an der Anleihenausgabe des größten Kohleproduzenten Russlands zeigt überdeutlich, wie unzureichend die aktuelle Kohlerichtlinie der Commerzbank ist. Bergbauunternehmen, zu denen auch JSC SUEK gezählt wird, werden nicht berücksichtigt. Eine große Finanzrecherche von urgewald ergab, dass die Commerzbank Kredite in Höhe von 240 Millionen US-Dollar für den Zeitraum Oktober 2018 bis Oktober 2020 an SUEK vergeben hatte. Das Unternehmen ist ein Top-Kunde der Bank.“ [3]
Sie fügt hinzu: „Die bestehende Kohlerichtlinie der Commerzbank läuft in diesem Jahr aus. Wir erwarten von der neuen Kohlerichtlinie deutlich strengere Vorgaben. Kunden, die ihr Kohlegeschäft ausbauen, sollten sofort von Finanzierungen ausgeschlossen werden. Bergbauunternehmen wie SUEK müssen generell erfasst und bestehende Schwellenwerte für Energieversorger gesenkt werden. Bis 2030 sollte die Commerzbank keinerlei Kohlekunden mehr bedienen, wenn sie die Pariser Klimaziele ernst nimmt. Zudem erwarten wir eine klare Positionierung zu Öl und Gas, denn auch bei diesen fossilen Energieträgern klafft bei der Commerzbank eine große, inakzeptable Lücke.“
Weitere Hintergrundinformationen zu den Tätigkeiten von JSC SUEK in dem Kusnezker Kohlebecken:
Im Kuznezker Kohlebecken in Westsibirien, der größten russischen Exportkohleabbau-Region, hat JSC SUEK über SUEK-Kuzbass 8 Untertage- und 2 Tagebauminen, die laut eigener Aussage von JSC SUEK 2019 zusammen 33,0 Millionen Tonnen pro Jahr förderten. SUEK AG verkaufte 2019 22 Millionen Tonnen Kohle international von SUEK-Kuzbass. [4] 75 % der russischen Kohleexporte, hauptsächlich nach Europa, kommen aus dem Kuznezker Kohlebecken.
Ein Bericht der Nichtregierungsorganisation Ecodefense [5] kommt zu dem Ergebnis, dass der Fluch des Bergbaus, der vor 300 Jahren über die Region kam, noch immer einen hohen Tribut von den Anwohnern fordert. Für neue Minen werden immer noch Menschen von ihrem Grund und Boden vertrieben, darunter auch indigene Gruppen wie die Schoren und Teleuten. "Black Sky"-Ereignisse und damit auch schwarzer Schnee werden von Jahr zu Jahr häufiger. Die Region zeigt hohe Krebsraten und ist bei den Infektionskrankheiten landesweit führend. Die Lebenserwartung der Bevölkerung ist entsprechend etwa 3 Jahre niedriger als im Landesdurchschnitt (2009 – 2018). Über 62 % der Emissionen stammen aus dem Kohlebergbau und beeinträchtigen die Luft- und Wasserqualität. Der Fluss Tom, in dem 1721 erstmalig Kohlevorkommen im Kuznezker Kohlebecken gefunden wurden, ist das am stärksten verschmutzte Gewässer in der Region.
Notizen:
[1] Link for Bloomberg Terminal: https://blinks.bloomberg.com/news/stories/QYRCFLDWLU6U
Public Source: Anthropocene Fixed Income Institute, https://anthropocenefii.org/afii-suek-bofa-citi-cmzb
[2] Laut Global Coal Exit List 2021, die am 5.10.21 von urgewald veröffentlicht wird.
[4] https://www.suekag.com/coal-mines/
[5] https://ecodefense.ru/2021/02/01/extraordinary-pollution-and-high-mortality/, https://ecdru.files.wordpress.com/2021/01/race_eng.pdf