Zur morgigen Hauptversammlung des Versicherungskonzerns Allianz lobt urgewald den Konzern für seine neuen Kohle-Einschränkungen, weist aber auf fossile Investitionen hin, die die Klimabilanz der Allianz nach wie vor belasten.
Vergangene Woche hat die Allianz mitgeteilt, sie werde neben dem Ausschluss von Projektversicherung für neue Kohlekraftwerke und –minen ab 2023 auch Unternehmen vom Schaden- und Unfallversicherungsschutz ausschließen. Betroffen sind Energieversorger, die mindestens 25 Prozent ihres Stroms mit Kohle erzeugen und eine Kohle-Stromerzeugungskapazität von mind. 5 Gigawatt betreiben. Im Bergbaubereich sind Firmen betroffen, die mind. 25 Prozent ihres Umsatzes mit energetischer Kohle machen und jährlich mind. 50 Millionen Tonnen Kohle erzeugen.[1] Eine urgewald-Analyse zeigt: Unter anderem RWE und Glencore könnten, Stand jetzt, nicht mehr versichert werden.
Dazu kommentiert Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald: „Die Allianz ist der deutsche Versicherer, der beim Klimaschutz am meisten will. Allerdings hat der französische Großkonkurrent AXA immer noch bei einigen Punkten die Nase vorn. Dort gelten Versicherungseinschränkungen für Unternehmen bereits ab 2022, der Schwellenwert im Kohlebergbau ist niedriger und Unternehmen, die neue Kohlekraftwerke oder –minen planen, werden allein dadurch ausgeschlossen. Außerdem will AXA in OECD-Ländern schon 2030 komplett aus Kohle ausgestiegen sein und 2040 im Rest der Welt. Die Allianz hat 2040 als globales Ziel.“
Im Klimaschutz ist die Allianz eine wichtige Stimme. So warnen Vorstands-vorsitzender Oliver Bäte und Allianz-Investment-Vorstand Günther Thallinger, dass Konjunkturprogramme zur Überwindung der Corona-Krise im Sinne des Klimaschutzes eingesetzt werden sollten. Dies forderte jüngst auch das NGO-Netzwerk Unfriend Coal, dessen deutsches Mitglied urgewald ist, in einem Brief an große internationale Versicherungsverbände.[2]
Richter sagt: „Die Versicherer haben enorme Gestaltungsmacht. Wenn sie ihre Dienstleistungen an den Klimaschutzzielen ausrichten, verlieren Kohle-, Öl- und Gasprojekte ihre Perspektive.“
Genau hier zeigen sich die Schwächen der Allianz-Richtlinie. Während sie scharfe Einschränkungen für Kohle-Investitionen bei ihren Eigenanlagen eingeführt hat und diese ebenfalls ab 2023 verschärfen will, gilt dies nicht für den sehr viel größeren Teil ihrer Vermögensanlagen im Auftrag von Kund*innen. Sogar in selbst aufgelegten Fonds lassen sich immer noch Kohlefirmen finden. Zwei ihrer Konkurrenten in Deutschland, die Fondsanbieter Deka und Union Investment, haben vor Kurzem Kohle-Einschränkungen für sämtliche angebotenen Publikumsfonds eingeführt oder diese deutlich verschärft.[3]
Eine Finanzrecherche in Auftrag von urgewald belegt, dass die Allianz den Ölkonzern Exxon Mobil zuletzt mit Investitionen in Höhe von 240 Millionen US-Dollar in Aktien und Anleihen unterstützte.[4] urgewald hatte untersuchen lassen, welche Investoren Exxon unterstützen, weil der Ölmulti vor der Küste Guyanas in Südamerika ein gewaltiges neues Öl- und Gasfeld erschließen will, das die Zukunft Guyanas und des Weltklimas gleichermaßen bedroht.[5]
Hierzu kommentiert Richter: „Wir freuen uns über die Fortschritte im Kohlebereich, doch ernstzunehmender Klimaschutz ist nur möglich, wenn Konzerne sämtliche Investitionen zu Gunsten fossiler Energieträger beenden. Die Allianz hat bereits angekündigt ihre Kapitalanlage bis 2050 ‚klimaneutral‘ anzulegen. Dafür muss sie sich schnellstmöglich neben der Kohle auch von Öl- und Gasfirmen in der Geldanlage trennen und darf diese nicht mehr versichern.“
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[1] https://www.allianz.com/content/dam/onemarketing/azcom/Allianz_com/responsibility/documents/Allianz-Statement-coal-based-business-models.pdf
[2] https://unfriendcoal.com/insurers-must-address-worlds-greatest-threat-by-supporting-green-and-fair-recovery/
[3] https://urgewald.org/medien/deka-union-investment-reagieren-druck-schraenken-kohle-investitionen
[4] Untersucht wurden die letzten verfügbaren Finanzzahlen mit Stand April 2020.
[5] https://urgewald.org/medien/world-bank-paves-way-carbon-bomb-drilling-project-guyana